Coesfeld - Das neue Klimaschutzgesetz des Bundes sieht vor, bis 2045 Klimaneutralität zu erzielen. Dafür muss der Anteil der Erneuerbaren Energien im gleichen Zeitraum auf 100 % gesteigert werden (2020: 45,4%). Was bundesweit eine große Herausforderung darstellt, ist in Coesfeld jetzt bereits Realität: Mit der offiziellen Inbetriebnahme des Windparks Letter Bruch und den bestehenden Wind- und Solaranlagen im Stadtgebiet, wird in Coesfeld mehr Strom aus Erneuerbaren Energien produziert als in Summe über alle Verbraucher in Coesfeld benötigt wird.
Am 4. September wurde der Windpark im kleinen Rahmen offiziell seiner Bestimmung übergeben. Bei allen Beteiligten war die Freude groß, das ambitionierte Projekt so erfolgreich gestemmt zu haben: „Wir sind in unserer Region Vorreiter in Sachen Erneuerbare Energien mit dem Ansporn, diese Stellung weiter auszubauen“, betont Ron Keßeler – Emergy-Geschäftsführer und zugleich Geschäftsführer der Stadtwerke in Coesfeld und Borken.
Milan Nitzschke, Geschäftsführer bei SL NaturEnergie, ergänzt: „Dies ist der größte Windpark, der in diesem Jahr in NRW ans Netz geht, bundesweit der drittgrößte. In Zeiten, wo landesweit der Windenergieausbau stockt, ist das eine Riesenleistung für alle, die hier gemeinschaftlich und mit viel Unterstützung aus Stadt und Bürgerschaft dazu beigetragen haben.“
Im Juni 2020 fand der erste Spatenstich für den Windpark Letter Bruch vor den Toren Coesfelds statt. Im Januar dieses Jahres wurde die erste der 13 Windenergieanlagen (WEA) aufgebaut und die letzte im Juli. Und nun - nach knapp 1,5 Jahren Bauzeit - ist der Park komplett. Pro Jahr werden die Anlagen im Letter Bruch nun rund 125 Millionen kWh erzeugen, genug, um 40.000 Haushalte bilanziell mit Strom zu versorgen. Gegenüber der bisherigen Stromversorgung werden so jährlich rund 53.000 Tonnen klimaschädliches CO₂ eingespart. Die Stadtwerke können so ihren Kunden regionalen Ökostrom anbieten.
Zusammen mit dem Strom aus den schon bestehenden Anlagen in Coesfeld entsteht in der Stadt nun mehr Strom aus Erneuerbaren als aus dem Netz entnommen wird. „Wir haben die 100-Prozent-Marke geknackt. Für eine Stadt unserer Größe ein Novum“, freut sich Coesfelds Bürgermeisterin Eliza Diekmann, die bei der Eröffnung des Windparks am vergangenen Samstag genau wie ihre Borkener Amtskollegin Mechtild Schulze Hessing einen Eindruck vom Innenleben der Anlagen bekam. Und nicht nur das: Es gab Gelegenheit, bis zum höchsten begehbaren Punkt des Mastes hinaufzusteigen und von dort oben einen Blick über den Windpark und das weite Münsterland zu genießen.
Die höchste Anlage hat eine Nabenhöhe von imposanten 165 Meter und bringt eine Leistung von 4,1 Megawatt
Ein Film von der Begehung dieser Windkraftanlage wird in Kürze veröffentlicht und gibt allen aus der Perspektive der „Actioncam“ der Bürgermeisterinnen einen sehr direkten Eindruck von den neuen Anlagen – Schwindelfreiheit vorausgesetzt.
Borkens Bürgermeisterin Mechtild Schulze Hessing ist beeindruckt von den neuen Anlagen und erfreut, „dass wir als Stadt Borken über den Emergy-Verbund an diesem für die gesamte Region so wichtigen Projekt im Westmünsterland beteiligt sind. Zukünftig wollen wir noch mehr gemeinsam auf dem Weg zur Klimaneutralität tun - neben Wind auch im Bereich der Photovoltaik, der Elektromobilität und dem Aufbau von Wasserstoffinfrastruktur.“
Thomas Stallmeyer, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Stadtwerke Coesfeld, nutzte die Eröffnung des Windparks seinerseits für einen Rückblick auf die gute Zusammenarbeit aller Beteiligten: „Es hätte nicht besser laufen können. Wir realisieren hier partnerschaftlich ein Projekt in einer Größenordnung von mehr als 80 Millionen Euro. Keine Selbstverständlichkeit, dass trotz Corona zeit- und kostengetreu die heutige Einweihung möglich geworden ist. Dafür Dank an alle Beteiligten.“
„Vorbild ist der neue Windpark auch in Sachen Akzeptanz und Beteiligung“ unterstreichen Johannes Peter und Clemens Schulze Tast, ortsansässige Landwirte und Geschäftsführer der Letter Wind GmbH. Über diese Gesellschaft sind die Grundstückseigentümer aus Lette an dem Windpark beteiligt.
Zudem gab es über zwei Tranchen eine breit angelegte Bürgerbeteiligungsmöglichkeit. Mehr als 400 Bürgerinnen und Bürger aus der Region machten von dieser Option Gebrauch und können sich jetzt daran erfreuen, wenn ihre neuen Anlagen über die nächsten zwanzig Jahre regionalen Ökostrom „eindrehen“ und Zinsen bringen.
Neben dem ökologischen Nutzen und - egal ob direkt beteiligt oder nicht - ist in jedem Fall sichergestellt, dass CoesfelderInnen vom Windpark profitieren. Nach der jetzt erfolgten Inbetriebnahme unterstützt der Windpark mit einem Teil der finanziellen Erträge das Engagement der Bürgerstiftung Coesfeld. Die Gelder dienen dazu, gemeinnützige Projekte und Initiativen vor Ort zu fördern.